Preisverleihung 2023

Preisverleihung 2023

Am 12.05.2023 hat die Stiftung Evangelische Jugendhilfe zum dritten Mal den Engagement-Preis „Der Friedensengel“ in drei Kategorien verliehen. Sachsen-Anhalts Friedensengel 2023 wurden mit insgesamt 15.000 Euro ausgezeichnet.

Eine Würdigung für das Ehrenamt

Schauen Sie sich unser Video zur Preisverleihung 2023 an!

Die Nominierten

Der Unbekannte Friedensengel

Die Beispielhafte Initiative

Die Preisträger*innen

„Der Unbekannte Friedensengel 2023“

Rabia Lore Ekim

Auszug aus der Laudatio auf die Preisträgerin

Marc Rath,
Chefredakteur der Mitteldeutschen Zeitung und der Volksstimme,
stellvertretender Vereinsvorsitzender von „Wir Helfen e.V.“

Wenn es Zäune aufzustellen gilt, sobald die Krötenwanderungen beginnen, in der Theater AG ihrer Schule ein neues Stück geprobt wird oder wenn in der Adventszeit das Packen für die Aktion Weihnachten im Schuhkarton ansteht. Ob Besuche bei Familien mit Kindern, bei denen ein Elternteil schwer erkrankt ist oder Stolperstein- und Stadtführungen zu den Spuren der NS-Geschichte –
Rabia Lore Ekim ist zur Stelle, wo sie nur kann.

Dabei hat die 16-Jährige einen ganz anderen „Hauptjob“: Als Schülerin der 10. Klasse am „Stephaneum“ in ihrer Heimatstadt Aschersleben bereitet sie sich gerade auf die Oberstufe vor. „Meine Tage sind schon ganz schön vollgepackt“, räumt sie ein. „Aber solange ich Freude daran habe“, mache ihr das nichts aus.

„Stark sein für die Schwachen“ ist dabei ihr innerer Antrieb. Bei Beleidigungen oder Diskriminierungen mischt sie sich ein. Das tue ihr „im Herzen weh“, denn es gebe keinen Grund, wegen einer anderen Religion oder Sprache abgelehnt zu werden.

Seit 2022 ist Rabia Lore Ekim auch Botschafterin des Anne-Frank-Zentrums, das mit dieser Initiative Engagement gegen Antisemitismus, Antiziganismus oder Homophobie in Geschichte und Gegenwart unterstützt. Mit ihren Freundinnen Alina Hinz und Annika Günther entwickelte sie eine selbstgestaltete Stadtführung zur jüdischen Geschichte in Aschersleben. Regelmäßig zeigen sie Schulklassen und Jugendgruppen diese Spuren in der Stadt.

Für sie steht bei ihrem Engagement im Mittelpunkt, wie man Diskriminierung verhindern kann, damit durch Ausgrenzungen nicht neue dunkle Kapitel in der Menschheitsgeschichte geschrieben werden. Daher geht Rabia Lore hier den nächsten Schritt: Als Anne-Frank-Buddy will sie anderen Gruppen helfen, eigene Projekte in diesem Sinne zu verwirklichen.

Anne Frank, die im Alter von 16 Jahren nicht mehr weiterleben durfte, dürfte in Rabia Lore Ekim eine Schwester im Geiste sehen: „Menschliche Größe besteht nicht in Reichtum oder Macht, sondern in Charakter und Güte. Menschen sind einfach Menschen und alle haben Fehler und Mängel, aber wir sind alle mit einer grundlegenden Freundlichkeit geboren“, heißt es in ihrem millionenfach verbreiteten Tagebuch.

Bei Rabia Lore Ekim wächst aus dieser Freundlichkeit ein beeindruckender Tatendrang. „Es gibt noch so viel, wo man etwas ändern könnte“, sagte sie mir. Als Schauspielerin und Regisseurin möchte sie später einmal wirken. Sie schafft schon jetzt die Bühne für eine bessere Welt – und ist inzwischen ein gar nicht mehr so unbekannter Friedensengel.

„Die Beispielhafte Initiative 2023“

refugium e.V.

Auszug aus der Laudatio auf den Preisträger

Dr. Winfried Bettecken,
Programmchef MDR-Sachsen-Anhalt

Geborgen sein, das wünscht sich jeder. Mehr noch: Geborgenheit ist ein Grundbedürfnis des Menschseins. Jeder ist existenziell angewiesen auf Geborgenheit.

Die Kraftfelder für diese Geborgenheit sind Heimat, Freunde, Familie und vor allem die Eltern, die uns umhegen, uns auf und in den Arm nehmen, vom ersten Tag unserer Existenz an. Was aber, wenn diese Zufluchtsorte nicht existieren, wenn man diese Kraftfelder verlassen muss, wegen Gewalt, Krieg, aufgrund von Flucht oder Vertreibung?

Unser Land Sachsen-Anhalt kann sich glücklich schätzen, einen sicheren, einen besonderen Zufluchtsort zu bieten, vor allem für Kinder und Jugendliche, die unbegleitet – also ganz ohne Eltern – zu uns kommen, aus den Kriegsgebieten Afghanistan, Syrien oder aus der Ukraine. Allein Sachsen-Anhalt hat seit 2019 bis heute mehr als 1.000 unbegleitete Minderjährige aus Kriegsgebieten der Welt aufgenommen.

Dieser Zufluchtsort hier im Land hat einen Namen – refugium e.V. Das ist Latein und meint einen sicheren Ort der Geborgenheit. Dieser Verein kümmert sich seit mehr als 25 Jahren um junge Seelen, die unbegleitet, deformiert durch Krieg, bedrängt durch Flucht, durch Kulturschock, oft ohne Schulbildung hier ankommen – mutter-seelen-allein. Für sie stellt refugium einen Vormund bereit. Fachlich versiert begleitet der Vormund die Entwurzelten, er motiviert für die Zukunft, gibt Fürsorge, Geborgenheit, Halt und Orientierung. Der Vormund ist Lotse durch alle Behörden, macht fit für ein mündiges Leben. Der Erfolg von refugium e.V. in Zahlen: ein Vormund begleitet etwa 50-60 Kinder und Jugendliche, und insgesamt verzeichnet Refugium bisher mehr als 650 Vormundschaften für Jugendliche aus 56 Ländern. Das zeugt von einer Kraftanstrengung mit großer gesellschaftlicher Wirkung: Denn refugium trägt dazu bei, dass ein ganzes Land – Sachsen-Anhalt – die Herausforderung mit unbegleiteten Flüchtlingen bisher gut bewältigt hat.

Ein Vormund bei refugium ist oft der einzige Mensch, der für diese Kinder und Jugendlichen einfach da ist, Zuversicht gibt. Dieser Anker im Nichts ist in den Augen der jungen Unbegleiteten dann oft „wie mein Vater, wie meine Mutter!“ Oder „Danke, dass Du da warst, als ich Hilfe brauchte!“ Jussuf etwa aus Somalia kam mit 16 Jahren allein über das Mittelmeer; er erlebte Not und Tod; heute ist er 22 Jahre alt und Informatiker, er sagt nach Jahren dank dieser Geborgenheit von refugium:
„Als die Schule meinte, dass ich den Abschluss nicht schaffe, glaubte mein Vormund an mich. Das gab mir Halt. Ich wollte es schaffen und das habe ich auch.“

Mittlerweile arbeiten refugium e.V. und Caritas in Sachsen-Anhalt unter einem Dach. Hinter dem Erfolg steht immer ein Mensch, hier ein Friedensengel, der beflügelt:

Monika Schwenke heißt der Friedensengel. Sie steht für refugium. Ihre Haltung: als Christin handeln, heißt immer: humanitär handeln, den Schutzlosen Geborgenheit geben, eben ein Refugium. Was refugium an Integrationsarbeit leistet, geht jeden an. Nach wie vor leitet Monika Schwenke refugium e.V. im Ehrenamt, das keinen Feierabend kennt. Damit steht sie für alle, die sich dem refugium verschrieben haben. DANKE für dieses neue Wort für Geborgenheit, nach der sich jeder sehnt. Die Auszeichnung mit dem Friedensengel für die beispielhafte Initiative geht an refugium e.V.

Herzlichen Glückwunsch!

„Der Prominente Friedensengel 2023“

Paul Maar

Auszug aus der Laudatio auf den Preisträger

Freddy Holzapfel,
Radio- und Fernsehmoderatorin,
radio SAW

Mit dem prominenten Friedensengel werden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ausgezeichnet, die sich nachhaltig und mutig für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung einsetzen.

Unser diesjähriger Preisträger schreibt seit über 50 Jahren Kinder- und Jugendliteratur, die auf der ganzen Welt gelesen wird. Paul Maars Werke sind Literaturgeschichte! Sie werden so lange gelesen, solange überhaupt gelesen wird, dessen sind wir uns sicher!

Sein einzigartiger Stil und seine frischen Ideen, der bisher über 60 Bücher und mehr als 20 Theaterstücken zeigen, dass er ein Künstler von außergewöhnlicher Kreativität und Talent ist, ob als Übersetzer, Maler, Illustrator, Darsteller, Schriftsteller, Bühnen- oder Drehbuchautor.

Als Kind hat Paul Maar sich eigentlich vorgenommen, alle 7 Jahre den Beruf zu wechseln. Zum Glück ist er hier mal nicht konsequent gewesen. … und das ist, um es mit Sams-Worten zu sagen, Wunschpunkt-wunderbar!

Festredner

Paul Maar

Paul Maar ist einer der beliebtesten deutschen Kinder- und Jugendbuchautoren. Er wurde 1937 im bayerischen Schweinfurt geboren.

Nachdem er in Stuttgart Malerei und Kunstgeschichte studierte, arbeitete er zunächst als Kunstlehrer am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Crailsheim.

Mit dem Schreiben von Kinderbüchern begann er nach der Geburt seiner eigenen Kinder. Sein erstes Kinderbuch war „Der tätowierte Hund“ und erschien 1968. Internationale Bekanntheit erlangt er vor allem mit seinen Geschichten vom Sams, einem frechen Fabelwesen, welches bei seinem Adoptivpapa Herr Taschenbier lebt.

Heute lebt er als freier Autor und Illustrator in Bamberg. Er ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder.

Schon früh im Leben entdeckte Paul Maar seine Leidenschaft für das Lesen und Geschichten erzählen. Das Ausleben dieser Leidenschaft wurde jedoch durch seine schwierige Beziehung zu seinem Vater behindert. Er wuchs in einer lesefeindlichen Umgebung auf und seine Fähigkeiten wurden innerhalb der Familie nicht gefördert. So las der spätere Autor immer heimlich bei einem Freund, unter der Vorgabe Hausaufgaben zu machen.

Zum Schreiben eigener Bücher kam Paul Maar erst später im Leben, während er als Kunstlehrer an einem Gymnasium tätig war und bereits eigene Kinder hatte. Enttäuscht über die mangelnde Qualität an Kinderbüchern, entschloss er sich, selbst Geschichten für Kinder zu schreiben. Nach seinem ersten Bucherfolg wagte er 1976 den Schritt in die Selbstständigkeit und gab seine sichere Existenz als Kunstlehrer auf.

Ein kindlich-poetisches Fabelwesen

Sein großer Erfolg „Das Sams“ entstand 1973. Das erfundene Fabelwesen Sams ist frech, laut und steht mit seinem kindlich-poetisches Erleben dem nüchternen Dasein der Erwachsenen entgegen: Indem das Sams, ein liebenswert-schelmisches Wesen mit Rüsselnase und Wunschpunkten, die kuriosesten Sachen anrichtet, verhilft es seinem schüchternen „Papa Taschenbier“ zu größerem Selbstvertrauen.

Die Sams-Bücher wurden nicht nur mehr als 5 Millionen Mal verkauft, sondern auch für das Kino erfolgreich verfilmt.

Eine Welt für die Gefühle von Kindern

Die Empfindungen von Kindern liegen Paul Maar besonders am Herzen. In einigen Büchern, wie „Onkel Florians fliegender Flohmarkt“ (1977) motiviert er Kinder zu Kreativität.

In „Andere Kinder wohnen auch bei ihren Eltern“ (1976) schildert er realistisch psychische Probleme von Kindern.
„Lippels Traum“ (1984) ist eine realistisch-phantastische Abenteuergeschichte, in der der zehnjährige Lippel sich zwischen Traum und Realität bewegt, was dem Helden schließlich hilft, die Abwesenheit seiner Eltern zu ertragen.

Seine Bücher wurden mit zahlreichen Preisen, wie dem Deutschen Jugendliteraturpreis, ausgezeichnet und in über 20 Sprachen übersetzt.

Bei seinem Besuch bei ukrainischen Kindern im Freiwilligenzentrum „CariThek“ im Rahmen des Projekts „Bamberg hilft Ukraine“ kannten einige der Kinder bereits die Geschichten rund um das Sams.

Nicht nur Buchautor

Paul Maar ist nicht nur Buchautor. Sein Gesamtwerk umfasst 60 Bücher, aber auch mehr als 20 Theaterstücke. Zum Theaterautor entwickelte er sich weiter, nachdem ein Theaterintendant sich darüber beklagte, dass es neben “Dornröschen” oder “Die sieben Geißlein“ zu wenig Kinderstücke gäbe. So schrieb er neben Kindertheaterstücken, von denen einige auch international gespielt wurden, auch Hörspiele und verfasste Drehbücher für Kindersendungen des Fernsehens. Zudem ist er leidenschaftlicher Illustrator, der viele seiner Figuren selbst gezeichnet hat. Das spezielle Aussehen des Sams ist in Zusammenarbeit mit seinen eigenen Kindern entstanden. Für seine Verdienste um Kunst und Bildung wurde er vom Bayerischen Staatsministerium geehrt sowie für das Bundesverdienstkreuz I. Klasse ausgezeichnet.

Bei der Entstehung seiner Werke arbeitet er eng mit Theatergruppen und Kinderliedermachern zusammen. Wichtig für ihn ist aber auch die Kooperation mit den Kindern selbst, die vor allem bei Lesungen entsteht, bei denen nicht nur gelesen, sondern auch gemeinsam gezeichnet und gereimt wird.

Förderung von Kindern und Jugendlichen

Im Jahr 1998 stiftete Paul Maar ein nach ihm benanntes Stipendium zur Förderung von Nachwuchsautoren des Kinder- und Jugendtheaters.

Im Einsatz für Kinderliteratur und Leseförderung ist er Schirmherr für das „Gütesiegel Buchkindergarten“, für das sich Kitas bewerben können. Paul Maar möchte mit diesem Engagement, dass schon kleine Kinder mit der Welt der Bücher, Bilder und Geschichten vertraut gemacht werden. Immer wieder unterstützt er dabei, indem er frühkindliche Einrichtungen selbst besucht. Dort lädt er Kinder zum Träumen und Entdecken ein, macht sie neugierig und eröffnet ihnen Welten.

Künstlerische Performance

Das Schiefe Märchen-Trio

“Das Schiefe Märchen-Trio” – das sind Paul Maar, Wolfgang Stute und Konrad Haas.

2016 haben sich die drei zusammengeschlossen, um die Bücher von Paul Maar auf eine neue, künstlerische Weise in Tönen umzusetzen. Mit Gitarre, Percussions (Wolfgang Stute) sowie Querflöte, Blockflöte und Keyboards (Konrad Haas) werden Maars Geschichten lebendig.
Die Musiker, Komponisten, Produzenten und Arrangeure aus Hannover begleiten Maars ruhige und angenehme Stimme akustisch und nehmen die Zuschauer mit auf eine besondere Fantasiereise. Paul Maar erzählt die Geschichte und singt und musiziert zusammen mit Wolfgang Stute und Konrad Haas die eigens dafür geschriebenen und komponierten Lieder.

Wolfgang Stute

Wolfgang Stute, geboren 1951, begann seine musikalische Karriere als Student bei dem Gitarrenprofessor Hans-Michael Koch. Später wurde er Musikalischer Leiter beim Hannoverschen Theater der Jugend, Musikalischer Leiter des E.T.A.-Hoffmann-Theaters in Bamberg und erhielt einen Lehrauftrag für ästhetische Kommunikation an der Evangelischen Fachhochschule Hannover.

Mit Sitz in Hannover ist er eine angesehene Persönlichkeit in der lokalen Musikszene und bekannt für seine Fähigkeiten als Komponist, Produzent, Gitarrist und Percussionist. Er hat zahlreiche Alben veröffentlicht und wird für seine Beiträge zu verschiedenen Musicals und Theaterproduktionen hoch geschätzt, darunter seine Arbeit als musikalischer Leiter für Heinz Rudolf Kunzes Adaptation von Shakespeares „Sommernachtstraum“ und seine Leitung von Kunzes Karriere von 2004 bis 2010. Wolfgang Stute gründete auch das Projekt „Räuberzivil“ mit Heinz Rudolf Kunze.

In den letzten Jahren hat Stute mit dem Comedian Matthias Brodowy zusammengearbeitet, mit dem er 2013 den „Deutschen Kleinkunstpreis“ im Mainzer Unterhaus erhalten hat.

Konrad Haas

Konrad Haas, geboren 1954, liebt es, mit seiner Band „Die Hausmeister“ auf Tour zu gehen und Konzerte zu geben. Er ist auch als Musikdirektor tätig und leitet Theater-, Opern-, Märchen- oder Musicalaufführungen mit verschiedenen Orchesterbesetzungen und von ihm komponierter Musik.

Nach seinem Musikstudium in Paris, wo er Gitarre und Querflöte studierte, tourte er einige Jahre mit seiner Band „Steinwolke“ durch Deutschland und angrenzende Länder. Später arbeitete er für zwei Jahre an der ARD-Serie „Lindenstraße“, für die er die Kinderband „Mini Pigs“ und den erfolgreichen Hit „Die Kuh auf der Autobahn“ erfand.

Im Laufe seiner Karriere schrieb er Filmmusik, komponierte, arrangierte und leitete als Musikdirektor über 50 Bühnenproduktionen. Darüber hinaus tritt er regelmäßig live auf der Bühne auf.

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