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Laudatio Kategorie „Beispielhafte Initiative“ – Michael Marquardt

Laudatio von Ministerin Petra Grimm-Benne, Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration Sachsen-Anhalt

Laudatio auf Herrn Michael Marquardt

anlässlich der feierlichen Verleihung des FRIEDENSENGELS 2019 in der Kategorie „Beispielhafte Initiative“
der Stiftung Evangelische Jugendhilfe Bernburg
am Freitag, den 10. Mai um 12.15 Uhr
im Festsaal der Stiftung in der
Großen Einsiedelgasse 6a, 06406 Bernburg

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Katarina Barley,

lieber Klaus Roth,

sehr geehrte Damen und Herren,

und vor allem: lieber Michael Marquardt,

ich freue mich sehr, heute hier zu sein und mit Ihnen gemeinsam solche Menschen und Organisationen zu würdigen, die sich in ganz besonderer Weise für ihre Mitmenschen engagieren. Denen es immer wichtig war und ist, einen Blick auf die Schwachen und Ausgegrenzten zu haben und sie nach Kräften zu unterstützen.

Für die Gerechtigkeit und die Würde des Einzelnen eben nicht nur Theorie und bloßes Lippenbekenntnis ist, sondern Richtschnur im eigenen Handeln. Menschen, die nicht wegschauen, wenn anderen Unrecht wiederfährt, sondern die sich darüber empören können und die sich einmischen.

Die ihre Ärmel hochkrempeln und maßgeblich dazu beitragen, denen zu helfen, die eben nicht gerade auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Und die durch ihr Handeln diese Gesellschaft und unser Miteinander ein Stück weit besser zu machen.

Genau zu diesen Menschen gehörst Du, lieber Michael. Du bist seit jeher ein Kämpfer für die Verständigung zwischen den Völkern und für gelingende Integration von Zugewanderten, egal woher sie kommen. Du standst immer an erster Stelle und mittendrin, wenn es um die Rechte von Menschen mit Migrationshintergrund ging.

Vor allem als langjähriger Geschäftsführer der Auslandsgesellschaft Sachsen-Anhalt – der AGSA -, die Du mitbegründet, maßgeblich aufgebaut und zu einem landesweit anerkannten Netzwerk entwickelt hast.

Um deutlich zu machen, wie die Auslandsgesellschaft Ende 1995 das Licht der Welt erblickte, lassen Sie uns diese Zeit noch einmal vor Augen führen. Die 1990er Jahre waren in den neuen Bundesländern nicht nur eine Zeit des positiven Aufbruchs. Viele Menschen erlebten starke Umbrüche und neue Unsicherheiten, vieles im Zusammenleben veränderte sich. Rechtsradikalismus trat hier erstmals offen zu Tage. Und das gleich mit voller Wucht.

Beispielhaft sei hier erinnert an die rassistisch motivierten Ausschreitungen in Hoyerswerda im September 1991 und in Rostock-Lichtenhagen im August 1992 mit gewalttätigen Übergriffen auf Asylbewerber und Vertragsarbeiter. Hunderte Rechtsextreme gingen damals mit Brandsätzen, Steinen und Baseballschlägern brutal gegen Ausländer vor.

Wir alle haben noch die Bilder des brennenden Hochhauses in Lichtenhagen im Kopf. Wo die Neonazis ihre Parolen unter dem Beifall hunderter Schaulustiger herumgrölten und die Polizei vielfach überfordert war. Diese fremdenfeindliche Stimmung gab es auch in Sachsen-Anhalt.

Einige hier im Saal werden sich an die Magdeburger Himmelfahrtskrawalle im Mai 1994 erinnern. Rechtsextreme Jugendliche jagten damals über mehrere Stunden eine Gruppe von Schwarzafrikanern durch die Innenstadt und schlugen sie teilweise mit Baseballschlägern zusammen.

Da hatte sich etwas Schlechtes zusammengebraut. Ein regelrechter Hass auf Ausländer, der sich ungezügelt Bahn brach. Auch als Ausdruck eines Werteverfalls mit gewalttätigen Auswüchsen, die in der Bevölkerung teilweise ein Klima der Angst schufen.

Vor diesem Hintergrund – und vor allem als Reaktion auf diese Himmelfahrtskrawalle im Jahr 1994 – fanden sich Ende 1995 zehn Einrichtungen und Initiativen der Entwicklungszusammenarbeit und bilaterale Freundschaftsgesellschaften zusammen, um die Auslandsgesellschaft Sachsen-Anhalt zu gründen.

Und Du, lieber Michael, warst einer dieser Initiatoren. Du hast seit Mai 1996 als Geschäftsführer die Geschicke der AGSA geleitet. Schon in jenem Jahr 1996 hast Du Dich um die Zusammenführung der europäischen Jugend gekümmert und das Eurocamp ins Leben gerufen. Das ist Völkerverständigung pur, denn seither arbeiten junge Menschen aus rund 30 europäischen Staaten jedes Jahr in den Sommerferien in Sachsen-Anhalt zusammen und schaffen etwas für das Gemeinwohl.

Mit viel Herzblut und Engagement hast Du in den letzten Jahren Kontakte zwischen unserem Bundesland und anderen Staaten aufgebaut und entwickelt, um verschiedene Projekte etwa in den Bereichen der Jugendbildung und des interkulturellen Lernens unter anderem mit Frankreich, Rumänien, Polen und Ungarn durchzuführen.

Auf Dich geht auch die Entwicklung des „Eine-Welt-Hauses“ in Magdeburg zurück. Dieses Haus gibt vielen ausländischen Gruppen und Initiativen die Möglichkeit, sich zu organisieren, sich zu treffen und Veranstaltungen zu machen.

Wer die AGSA kennt, der weiß, wie vielfältig die Tätigkeitsbereiche sind, die Du über die ganzen Jahre mit aufgebaut hast. Die Auslandsgesellschaft unterstützt Migranten bei der beruflichen und sozialen Integration, führt nahezu wöchentlich Veranstaltungen zur interkulturellen Bildung  und Antidiskriminierung durch, macht Schulprojekte, betreibt ein interkulturelles Café für Zuwanderer, veranstaltet Seminare für Multiplikatoren und Begegnungsfeste, Gedenkveranstaltungen und interkulturelle Wochen.

Die AGSA begleitet und berät sogar Verwaltungen, Unternehmen und Hochschulen zur verbesserten Arbeitsmarktintegration von Erwachsenen mit Migrationshintergrund. Sie  ist außerdem Service- und Einsatzstelle für den Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug und Europäischen Freiwilligendienst. Weiterhin kümmert sich die Auslandsgesellschaft um Begegnungsprojekte für sozial benachteiligte Jugendliche und organisiert die Entsendung Jugendlicher in Freiwilligenprojekte anderer Länder.

Dieses so vielfältige Wirken der AGSA als Dachverband mit inzwischen über 40 Mitgliedsorganisationen wäre ohne Dein Engagement undenkbar. Dank Deines unermesslichen Einsatzes hat die AGSA auch viele ehrenamtliche Mitstreiter, welche die Vereinsarbeit nach Kräften unterstützen und mit der AGSA gemeinsam viele Projekte in der Freizeit auf die Beine stellen.

Wer Dich kennt, der schätzt Deine stets offene, konstruktive und vorausschauende Art im Umgang mit Deinen Mitmenschen. Wer Dich kennt, der schätzt auch Deinen aufrechten Charakter und Deine Zivilcourage.

Nicht unerwähnt bleiben soll in diesem Zusammenhang, dass Du von Anfang an dem Landesbündnis für Demokratie und Toleranz angehörtest und Dich unermüdlich beim „Runden Tisch gegen Ausländerfeindlichkeit in Sachsen-Anhalt“ und beim „Bündnis gegen Rechts“ einbringst.

Lieber Michael, Du bist seit jeher ein Anpacker, ein Mutmacher, ein Mitreißer. Viele wissen, dass Du Dich persönlich für Einzelschicksale einsetzt. Du hilfst mit, Anerkennungen im Beruf zu ermöglichen, Betroffene bei Schulden, Gewalterfahrungen oder Diskriminierungen zu beraten und tatkräftig zu unterstützen. Von Dir gingen viele wichtige Impulse in das Land Sachsen-Anhalt aus, Du hast Programme mitgestaltet und wurdest immer gern als fachlicher Berater hinzugezogen.

Lieber Michael, Du bist ein Mensch mit einem großen Herzen am rechten Fleck, stets mit vollem Einsatz dabei. Von Albert Einstein stammt der Satz: „Der Sinn des Lebens besteht nicht darin, ein erfolgreicher Mensch zu sein, sondern ein wertvoller.“

Bei Dir trifft beides zu: Du warst mit Deiner Arbeit als Geschäftsführer der Auslandsgesellschaft über fast ein Vierteljahrhundert sehr erfolgreich. Und Du bist für uns ein sehr wertvoller Mensch.

Dein nachhaltiger Einsatz für die Verständigung von Menschen verschiedener Völker, für die Rechte von Menschen mit Migrationshintergrund, für Demokratie, Frieden und Gerechtigkeit ist beispielhaft.  

Deshalb freut es mich ganz besonders, dass Du den Friedensengel in der Kategorie „Beispielhafte Initiative“ überreicht bekommst.

Herzlichen Dank für Deinen unermüdlichen Einsatz.

Schön, dass es Dich gibt.

Vielen Dank!