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Laudatio „Der unbekannte Friedensengel“ – Dr. Thomas Baum

Laudatio von MdL Cornelia Lüddemann

Sehr geehrte Frau Bundesjustizministern Katharina Barley,
sehr geehrte Frau Ministerin Grimm-Benne, 
sehr geehrter Herr Minister Tullner.

Sehr verehrte Damen und Herren, 
lieber verehrter  Herr Dr. Thomas Baum,

es ist ein besonderer und sehr erfreulicher Anlass, der uns heute hier zusammenführt. Es ist mir eine persönliche Freude und Ehre zugleich, eine Laudatio für den Preisträger in der Kategorie „Unbekannter Friedensengel“ halten zu dürfen. Die Auszeichnung in dieser Kategorie soll an wenig bekannte, engagierte Einzelpersonen und ihre Projekte gehen, mit besonderem Schwerpunkt auf zukunftsweisende Friedensarbeit an der Basis. Ein Anliegen, das ich aus vollem Herzen teile.

Es gibt ja viele Wege, Gutes zu tun. Jede und jeder, der Menschen helfen will, kann dies mit einer Spende tun. Geld oder Zeit. Dr. Baum will mehr und tut beides. 

BSein Thema ist die Zahngesundheit. Wie wir alle wissen, nicht nur eine Frage der Ästhetik, sondern für die Gesamtgesundheit des Menschen eklatant entscheidend. Seit vielen Jahren bereist der promovierte Zahnmediziner mit seinem Kollegen Dr. Mathys in regelmäßigen Abständen – und vorwiegend auf eigene Kosten – fremde Länder, um vor Ort die Zahngesundheit nach vorne zu bringen.In Ländern, in denen ein Zahnarztbesuch keine Selbstverständlichkeit ist und ein schmerzender Zahn ein langfristiger. meist qualvoller Begleiter bleibt. Von Prophylaxe mal ganz zu schweigen.

Während hier die Zahnschwester und das Vorsorgeheft – Gott sei Dank – zur Selbstverständlichkeit schon im Kindergarten gehören, haben manche jungen Menschen auf dem afrikanischen Kontinent noch nie in ihrem Leben einen Zahnarzt gesehen.

Die medizinische Versorgung ist vielerorts unterentwickelt, Vorsorge wird meist komplett vernachlässigt. Allgemeine Mundhygiene und Zahnpflege ist meist ungelernt, ein einfaches Putzwerkzeug nicht vorhanden. Also fundamental anders, als hierzulande. Medizin ist Luxusgut und erreicht nur wenige. Um es mal ganz plastisch zu machen, was tatsächliche Unterversorgung ist: Sambia beispielsweise ist mit ca. 13 Mio. Einwohnern und ca. 180 Dentisten, die hauptsächlich in der Hauptstadt Lusaka arbeiten, schwer unterversorgt.

Ressourcen sind auch im 21. Jahrhundert sehr ungerecht verteilt. In vielen Regionen gibt es gar keine Zahnärzte, so dass die Menschen tagelange Reisen unternehmen oder sich selbst helfen müssen. Auch am Equipment fehlt es allzu oft. Zur Verbesserung dieser traurigen und skandalösen Umstände, haben sich zahlreiche Hilfsorganisationen der zahnmedizinischen Versorgung unterentwickelter Länder oder Regionen verschrieben. Eine solche Organisation ist die Deutsche Stiftung ‚Zahnärzte Ohne Grenzen‘ oder der gemeinnützige ‚Dentists For Africa e.V.‘.

Ein begeisternder Erfahrungsbericht einer Kollegin, der von der Not und den Menschen in Kenia erzählte, gab Dr. Baum offenbar den entscheidenden Anstoß. So machte er sich mit seinem Studienkollegen erstmals 2007 für die damalige „Arzt- und Zahnarzthilfe Kenia e.V.“ auf den Weg, eben nach Kenia. Der erste Hilfseinsatz in Afrika. In Zusammenarbeit mit Franziskaner-Nonnen ging es zunächst zur Behandlung in das Hospital in der Mission in Nairobi und zum Außeneinsatz in die Slums der Großstadt, wo er vorwiegend junge Menschen und Kinder aus den örtlichen Schulen behandelte. Am nächsten Einsatzort, am Viktoriasee behandelte er im Dorfkrankenhaus, in umliegenden Hospitälern und oftmals auch notdürftig unter freiem Himmel. Vorwiegendstanden die Zahnbehandlung und dabei meist die Zahnentfernung im Vordergrund. Erste Erfahrungen, die ihn als Mensch und sein weiteres Tun prägten.

Nach etwa einem halben Jahr der Vorbereitung stand der zweite freiwillige Dienst an. 2008 verlässt Dr. Baum erneut seine heimische Praxis in Baalberge, in der Nähe von Bernburg. Diesmal geht’s nach Nepal, unter der Flagge „Zahnärzte Ohne Grenzen“ – Dentists Without Limits. An zwei Arbeitsstätten in Kathmandu und später in der berühmten „Nepalklinik“ in der Nähe von Pokhara, behandelten Dr. Baum und sein Team notleidende Menschen, befreiten sie von Schmerz und Qualen.

Zu „Dentists Without Limits“ kam – 2 Jahre später – das „Nepal-Schulprojekt“ in einer der entlegensten Regionen Nepals – Humla. Auf der Internetseite seiner Praxis beschreibt er den Einsatz wie folgt: „Mit klapprigen Flugzeugen, schlecht gefederten Kleinbussen, zu Pferd und schließlich entlang eines Jahrtausende alten ehemaligen Pilgerpfades, drei Tage lang zu Fuß, durch gigantische Landschaften und heiße Quellen, bis nahe an die tibetische Grenze, in ein entlegenes Kinderheim.“ Für Dr. Thomas Baum und seinen Mitstreiter Dr. Marco Mathys ist die zahnärztliche Hilfe in vergessenen Regionen zur unverhandelbaren Herzensangelegenheit geworden.

Nach Kenia und Nepal konzentrieren sich die Einsätze seit 2012 auf Sambia. 

Schirmherr ist der von beiden Ärzten gegründete Bernburger Verein „GER.D Charity e.V.“. Dieser Verein hat sich zum Ziel gesetzt, in einigen der ärmsten Regionen der Welt zahnärztliche Versorgung der Bevölkerung nicht nur zu ermöglichen, sondern auch nachhaltig zu unterstützen. Nicht nur die Behandlung steht im Vordergrund, sondern auch die Aufklärungs- und Schulungsarbeit. 

Ich selbst, kämpfe seit Jahren in unserem vermeintlich so fortschrittlichen Land an vielen Stellen für mehr Prävention und kann daher etwas nachvollziehen, wie schwierig dies in anderen Teilen der Welt ist.

Es folgten weitere Einsätze der „Zahnärzte ohne Grenzen“ in Sambia.

Sehr verehrter Herr Dr. Baum, 

mich haben besonders ihr ehrenamtliches Engagement und ihr ganz persönlicher Einsatz – neben Familie, Beruf und anderen Verpflichtungen hier in Sachsen-Anhalt – beeindruckt. Ich konnte schon einige Projekte des Internationalen Roten Kreuzes in Indien oder Myanmar besuchen. Sie leisten Hilfe, ohne bürokratischen Apparat oder institutionelle Geldgeber. Das finde ich hoch anerkennenswert.

Mit Motivation und Ehrgeiz für andere erbauen Sie kleine medizinische Stationen, die sogenannten Dental Units, statten sie – so gut es geht – mit Material aus. Gehen vor Ort auf Spendensuche. So ist es Ihnen gelungen, einen Gesundheits-Stützpunkteinzurichten, der von einem Hotel gestiftet wurde. Denn Verteilung ist nicht nur eine Frage der Kontinente, sondern auch innerhalb der Länder. Er beherbergt u.a. einen Untersuchungsraum, ein Apothekenzimmer, einen großen Warteraum und zwei Bettenzimmer. In regelmäßigen Abständen kommen hier diverse Ärzte und/oder Helferinnen, zu Behandlungen, Impf- und Wiegestunden sowie zur allgemeinen medizinischen Beratung jeglicher Art. Mit Ihrer Hilfe entstehen kleine Behandlungszentren, die eine Behandlung unter freiem Himmel unnötig macht.

Ihr Antrieb ist die Humanität. 

Ohne Honorar und vorwiegend auf eigene Kosten behandeln Sie Patienten, untersuchen Schulkinder, demonstrieren Zahnreinigung und Prophylaxe – es geht Ihnen um direkte medizinische Hilfe. Mit Ihrem Know-how tragen Sie zur dauerhaften Zahngesundheit der Kinder bei, denn gesunde Zähne erweisen sich als enorm wichtig für die schulische Karriere und das Selbstbewusstsein der Kinder. Mit ihrem humanitären Hilfseinsatz möchten Sie vor allem eines: der Menschheit etwas zurückgeben. Beinahe 50 Patientinnen und Patienten behandeln Sie täglich und dies über mehrere Wochen. Ihre Patienten warten oft stundenlang mit großer Geduld und herzlicher Dankbarkeit, weil sie wissen, dass sie gut behandelt werden. Sie sind Ihnen mehr als dankbar, das spüren sie. Ein Blick in dankbare Kinderaugen, das gibt ihnen Kraft. 

Nachhaltigkeit liegt Ihnen am Herzen. Sie geben Hilfe zur Selbsthilfe. Sie setzen sich ein für eine gute Weiterbildung einheimischer Behandler und Schulungen vor Ort. Auch lange nach ihrem Besuch wirken ihre Einsätze nach. Um die Bedingungen zu verbessern, suchen sie Unterstützung in Deutschland. Vor jedem Einsatz planen Sie Spendenaktionen. So beispielsweise sammelt ein benachbarter Supermarkt in Baalberge Zahnpflegeartikel, die in Sambia bei Schulungen u. ä. an Bedürftige verteilt werden. Mit einem CD-Verkauf in Deutschland einer sambischen Künstlerin generieren Sie Geldspenden. Der Erlös, alle Materialen und jeder Euro fließt zu 100% in die Arbeit, die sie auf der Seite www.gerd-charity.com_ – German Dental Charity – dokumentieren und uns so daran teilhaben lassen. Aktuell planen Sieeine weitere Spendensammlung und den Transport per Schiff nach Sambia.

Und was ich auch sehr beeindruckend finde, sie sehen, dass es auch hier Bedarfe gibt. Auch in Bernburg sind Sie sozial engagiert. Unter dem Motto „Schenken Sie Freude, keine Werte!“ haben Sie eine Aktion ins Leben gerufen, die nach einem einfachen Prinzip funktioniert: Kinder, die in ihrer Praxis behandelt werden, dürfen auf einem Zettel je einen freien Wunsch im vorgegebenen Geldrahmen notieren und an den  in der Praxis aufgestellten Weihnachtsbaum hängen. Erwachsene Patienten und sie erfüllen diese Wünsche. In der Vorweihnachtszeit überreichen sie und Ihr Team die Geschenke persönlich. Die Kinder und Jugendlichen der Wohngruppe Cörmigk, der St. Johannis GmbH, sind jedes Jahr Teil dieses Projektes „Patienten für Kinder“, welches Kinderaugen – auch hier in Sachsen-Anhalt – immer wieder leuchten lässt. 

Und, auch das darf erwähnt sein, darüber hinaus sind sie  Ehemann und Vater von drei „eigenen“ Kindern.

Durch ihr Handeln sind sie unaufdringliches Beispiel für Toleranz und Mitmenschlichkeit. Der Zufall unserer Geburt soll nicht darüber entscheiden, welche Wege uns vorgezeichnet sind.

Die Idee einer humanistischen Welt wird real im direkten Tun. Nicht reden, sondern einfach machen.

„Sich ernsthaft um andere zu sorgen, sowohl im privaten wie öffentlichen Leben, würde uns der Welt, nach der wir uns so sehnen, sehr viel näherbringen.“

Dieser Satz von Nelson Mandela ist das, was uns alle antreiben sollte. 

Dr. Baum und sein zutiefst humanitäres Engagement erinnert uns daran. 

Dafür danke ich Ihnen von Herzen.